Marcell D’Avis: „Wir verstehen Logistik als Teil des Kundenservices!“

Viele kennen Marcell D’Avis noch als Leiter Kundenzufriedenheit aus der Werbekampagne von 1&1 aus dem Jahr 2010. Heute verantwortet er beim DSL- und Mobilfunkanbieter aus Montabaur die gesamte Logistik und trägt damit immer noch einen entscheidenen Beitrag zum Serviceerlebnis der Kunden bei. Im Interview erklärt er uns, wieso eine optimal funktionierende Logistik wichtig für guten Kundenservice ist.

Welchen Stellenwert hat die Logistik bei 1&1?

Jede Hardware, egal ob Smartphone oder Router, die wir heute in Verbindung mit unseren Tarifen anbieten, muss erstmal durch die Logistik, bevor der Kunde sie bekommt. Wir sind somit Teil der sogenannten Customer Journey. Wir wissen, dass viele Kunden erst einmal recherchieren und Informationen sammeln, bevor sie beim Anbieter etwas kaufen. Diese Kunden sind dann eigentlich nur noch ein paar Minuten im Online-Shop, um zu bestellen. Wir versuchen unsere Kunden in dieser kurzen Zeit abzuholen, und zeigen die Vorteile auf, die wir als Anbieter mit unseren Kundenservices bieten, wie zum Beispiel mit kostenloser Overnight-Delivery oder dem Vor-Ort-Austausch-Service im Rahmen des 1&1 Prinzips. Die Aufgabe der Logistik ist es, diese Services in die Tat umzusetzen. Es geht also unter anderem darum, dass das, was wir in unserer Werbung und auf der Website versprechen, auch eingehalten wird.

Wie sehr setzen die Werbeversprechen unter Druck?

Die Leistungsversprechen stellen natürlich eine enorme Herausforderung dar, die wir gerne annehmen. Wir heben uns damit deutlich vom Wettbewerb ab. Das, was wir heute unseren Kunden an Lieferversprechen geben und in der Logistik leisten, kann kein anderes Unternehmen. Wenn das Jahr vorbei ist, werden rund sieben Millionen Sendungen und ein Warenwert von circa 900 Millionen Euro durch unsere Logistik gelaufen sein. Die Leistungsversprechen haben wir dann in unseren internen Prozessen und Systemen zu mehr als 99% eingehalten. Wenn ich auf externen Branchenveranstaltungen unterwegs bin, werde ich ganz oft gefragt, wie wir das denn machen. Die Antwort darauf ist einfach: eigene Logistik, eigene Prozesse und sehr enge Steuerung der Versanddienstleister.

Was kann ich mir unter sehr enger Steuerung vorstellen?

Wir wissen heute manchmal besser, ob der Paketdienst wirklich am nächsten Tag per Overnight-Delivery an der Haustür des Kunden war, als er selbst. Jede Statusänderung, die nach einem Auftrag von uns im System des Versanddienstleisters erfolgt, bekommen wir auch. Unsere IT ist dazu optimal bei unseren Partnern eingebunden. Dadurch haben wir einen sehr guten Einblick in jeden Vorgang. Meine Kollegen von der Business Intelligence werten morgens alle Aufträge aus. Dann wissen wir schon ganz genau, was mit den Aufträgen vom Vortag los war, wie viele davon tatsächlich am nächsten Tag an der Haustür des Kunden gewesen sind, und welche nicht.

Und wieviel Pakete kommen tatsächlich wie versprochen schon am nächsten Tag an der Haustür des Kunden an?

Wir können heute eine Erfolgsquote von 97% vorweisen. Das heißt, dass der Prozess, angefangen bei der Bestellung bis hin zur Auslieferung an der Haustür des Kunden, geklappt hat. Das ist nichts, was man irgendwann mal entwickelt, führt es  ein und dann läuft alles von alleine. Jeden Tag sitzen bei uns eine ganze Menge Mitarbeiter daran, die dafür sorgen, dass der Kunde sein Paket bekommt. Das hat vor allem mit Liebe zum Detail und kontinuierlichen Verbesserungsprozessen zu tun.

Und wenn die Zustellung mal nicht so klappt, wie versprochen?

Wenn der Auftrag am nächsten Tag nicht rechtzeitig vor der Haustür des Kunden war, dann gehen zum Beispiel die Versandkosten zu Lasten des Versanddienstleisters.

Wieso klappt die pünktlich Zustellung in 3% der Fälle nicht?

Häufig liegt der Grund dafür auf der Straße. Die Paketdienstleister melden uns jeden Tag, welche Pakete sie nicht rechtzeitig beim Kunden ausliefern konnten, und müssen auch die Gründe dafür nennen. Wenn wir erfahren, dass 300 Pakete im Stau standen, dann überprüfen wir das ganz genau. Sind zum Beispiel Hauptstrecken gesperrt, dann führt das natürlich zu Verzögerungen bei der Auslieferung. Aus diesem Grund kommt auch nicht nur ein LKW, der Pakete bei uns abholt, sondern wir haben bis zu 17 Abholungen am Tag. Bis nachmittags um 15 Uhr wird mit Sattelzügen abgeholt, weil die Sattelzüge dann noch eine realistische Chance haben, bis spät in die Nacht an ihren Umschlagknoten zu kommen. Und je später es wird, umso eher setzen wir auf Sprinter, weil die schneller unterwegs sind. Der letzte Sprinter verlässt abends um 22:45 Uhr unseren Hof.

Es geht also unter anderem um Pünktlichkeit. Was zeichnet eine gute Logistik darüber hinaus aus?

Unser Ziel ist es, den größtmöglichen Komfort bei der Bestellung zu bieten. Der Kunde soll dabei nur mitteilen müssen, wann er sein Paket erhalten möchte, zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort. Wir sorgen dann dafür, dass alles auch genauso eintrifft. Darüber hinaus versuchen wir in der Logistik, die Erwartung des Kunden zu übertreffen und somit einen echten Mehrwert beim Online-Shopping bereitzuhalten.

Was heißt das genau, die Erwartungen zu übertreffen?

Ein Beispiel: Der Kunden bekommt bei uns eine Paketankündigung. Die bekommt er nicht erst abends, wenn die Sendungen unser Haus verlassen, sondern schon in dem Moment, in dem wir das Paket für den Kunden fertig gepackt haben. Das bedeutet, dass er bei Bedarf schon sehr früh eine Umverfügung veranlassen kann, also nachträglich eine Termin- und Adressänderung. Wenn wir abends um 22 Uhr erst die E-Mail an den Kunden mit dem Hinweis verschicken würden, dass das Paket morgen kommt, dann hat er keine Chance mehr darauf zu reagieren.

Inwieweit ist Logistik Teil des Kundenservices? Viele Kunden und Unternehmen denken bei dem Thema vermutlich zunächst an eine Hotline.

Wir verstehen Logistik als wesentlichen Teil des Kundenservices. Deshalb ist unsere Logistik auch im Vorstandsbereich „Customer Care“ angesiedelt. Dadurch ist es möglich gemeinsam mit unseren Kollegen aus den anderen Service-Bereichen Prozessketten zu entwickeln, die wir Ende-zu-Ende kontrollieren und optimieren können. Mitarbeiter aus der Logistik fahren zum Beispiel regelmäßig beim Frachtdienstleister mit, damit wir verstehen, was draußen auf der Straße und an der Haustür des Kunden passiert. Die Erfahrungen werden dann mit dem gesamten Bereich geteilt. Darüber hinaus führen wir regelmäßig Kundenbefragungen durch und tauschen uns mit unseren Dienstleistern aus. Diese Informationen helfen uns dabei, das Kundenerlebnis permanent zu verbessern.

Kannst Du ein konkretes Beispiel dafür nennen, wie ihr das Service-Erlebnis in der Vergangenheit schon verbessert habt?

Der 1&1 Austausch-Service ist ein gutes Beispiel. Wir haben in der Vergangenheit festgestellt, dass Kunden, die im Rahmen der Gewährleistung ein Leihgerät bekommen, hochzufrieden sind. Und zwar so lange, bis der Kostenvoranschlag für die Reparatur eines selbstverschuldeten Schadens, zum Beispiel ein Displaybruch oder Wasserschaden, ihrer defekten Hardware kommt, und der Kunde Geld bezahlen muss. Wir haben also überlegt, ob es auch möglich ist, unseren Kunden ein Neugerät anzubieten. Heute bieten wir dem Kunden mit dem 1&1 Austausch-Service auch bei einem selbstverschuldeten Schaden ein neues Gerät an. Damit haben wir den nächsten Schritt im Kundenservice gemacht, den so kein anderes Unternehmen bietet.

Welchen Anteil hat die Logistik an der Kundenzufriedenheit?

Der Anteil ist sehr hoch. Uns ist wichtig, dass der Kunde sich auch nach dem Kauf zu 100% auf uns verlassen kann. So läuft etwa auch das komplette Reparaturgeschäft bei 1&1 über die eigene Logistik. Meldet sich ein Kunde mit einem defekten Gerät an der Hotline, dann erfasst der Service-Mitarbeiter einen Austausch-Auftrag und es geht noch am gleichen Tag ein Leihgerät an den Kunden raus, auch wenn es schon 22 Uhr ist. Das bekommt er dann am nächsten Tag, und der Fahrer nimmt sofort sein defektes Gerät mit.

Damit drückt man auch ein großes Vertrauen aus, oder? Man könnte ja auch sagen, schick uns erstmal dein altes Gerät, und dann kriegst Du das neue.

Absolut. Wir stellen immer häufiger fest, dass genau diese Leistungsversprechen wesentliche Treiber der Kundenzufriedenheit sind. Wir bieten unter anderem einen kostenlosen Overnight-Service mit der garantierten Lieferung am nächsten Tag, ein 30-Tage-Rückgaberecht ohne Begründung und den Vor-Ort-Austausch-Service. Das sind Vorteile, die Kunden sonst nirgendwo bekommen. Das ist meiner Ansicht nach ein klares Alleinstellungsmerkmal von 1&1. Wir erkennen die Serviceanforderungen des Kunden und halten Lösungen bereit, indem wir unsere Logistik mit der Dienstleistung der Paketdienstleister optimal verknüpfen. Somit schaffen wir Ende-zu-Ende Service-Ketten, die sonst kein anderer herstellen kann.

Habt ihr festgestellt, dass die Erwartungshaltung der Kunden durch genau diese Leistungsversprechen gestiegen ist?

Service-Leistungen wie etwa eine persönliche Beratung, eine 24/7-Hotline mit geringer Wartezeit oder eine vernünftige App sind Leistungen, die ein Kunde heute von einem Unternehmen wie 1&1 erwartet. Damit unterscheiden wir uns heute nicht mehr vom Wettbewerb. Wir müssen mehr bieten, wie einen 1&1 Austausch Service oder das Angebot, Produkte 30 Tage testen zu können. Beides bekommt der Kunde nur bei 1&1. Bei Kunden, die diese Angebote in Anspruch nehmen, stellen wir eine hohe Kundenzufriedenheit fest, obwohl gerade diese Gruppe ja in der Regel  zunächst mal ein Problem hatte. Der Trick ist die Lösung!

 

Wie möchten Kunden in Zukunft ihre Pakete zugestellt bekommen? Marcell D’Avis erklärt im Interview wie sich Logistikbranche in den nächsten Jahren entwickeln muss. Weiterlesen!